//DIE UNVERNÜNFTIGEN STERBEN AUS//skrupel, go home
Skrupel, Alter. Das sind die Dinger, die designt wurden, um einem jeden Spaß versauen. Die verstecken sich, heimlich und man merkt gar nicht, dass sie da sind. Die vermehren sich und wachsen mit den Jahren, also mit der Sozialisierung. Bis man vor der großen Sache steht, der Frage der Fragen, dem Wahnsinns-Coup. Und BÄMM! Dann schlagen sie zu. Die Skrupel. Alle Versuche, die fiesen Feinde zu ignorieren, werden scheitern, ehrlich. “Vergiss es, ich geh dann mal,” ist die einzige Antwort.
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Nicht dass mir Geschlecht, Nationalität, chemische Zusammensetzung, Political Correctness, Alter, Zahlen, Namen oder Aggregatzustand irgendwas bedeuten würden. Schall und Rauch ist das, Laberei. Ich bin selbstbestimmt. Ich bin doch in der ganzen Sozialisierungsnummer der Außenseiter, hab meine eigenen Regeln: Kein Fleisch, keine Vorurteile, dafür Fairness, Tacheles, Sexnest. Man lebt nur einmal. Ich bin der knallharte Anti-Sozialisierungs-Protagonist, der sich nimmt, was er will, sich nicht reinreden lässt. Der fucking straight und ehrlich zu sich selbst und anderen ist. Bis einer heult.
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Und dann kommt die Situation. Dann heißt es: “Was nun? Ja oder Ja?” Und meine Antwort lautet: “Nein!” Weil die Skrupel mich hemmen und mir einreden wollen: SOGAR ICH habe Grenzen. Verdammt, wer hätte das gedacht?! Ich bin eine Abtrünnige meiner eigenen Regelrelativitätstheorie. Aber hilft nix, die Skrupel haben mich infiziert. Bloß nicht drüber reden, das macht’s nur schlimmer. “Das geht nicht”, denk ich. Und ich gehe, ohne mich umzudrehen.
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Wer denkt eigentlich wirklich, dass das nicht geht? Denke ich das? Oder ist das ein gesellschaftlicher Floh, der plötzlich juckt? Eine scheinbar typisch deutsche Eigenschaft, die vor allem eins vorsieht: Verbieten. Kommt gleich nach der Disziplin (wer hat’n die überhaupt erfunden?). Spätestens seit dem Blogzeitalter gehört Provokation zwar irgendwie zum Trend. Ein bisschen Naughtyness hier und da, wohl dosiert versehen mit dem ein oder anderen Fäkalwort. Aber nur ein bisschen, bitte, denn Tiefe und Offenheit, den wirklichen Spiegelblick, den wollen wir dann doch nicht. Schlagworte wie Querdenken und Kreativität sind sehr hip, Emotion und Sex, naja, muss ja der Zahlen wegen. Aber bloß nicht zuviel von alldem! Schon gar nicht bei Frauen, die sollen sich erst recht zurückhalten. Vor “Grenzüberschreitungen”, vor dem “peinlichen Seelen(s)trip”, vor der Wahrheit knallen wir die Türen zu, bisschen Photoshop drüber, Small-Talk-Maske auf, fertig ist die Pappmaschee. Man könnte sich ja selbst erfahren und retten. Man könnte ja plötzlich seine Wahrheit erkennen und dem folgen wollen, wonach die Seele sich wirklich sehnt. Und von den Pfaden treten, die das Kollektiv so mühsam über Jahrtausende getrampelt hat.
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Ich bin kein Anarchist. Skrupel helfen, wenn sie echt sind. Wenn sie davor bewahren, anderen wehzutun – was sie sicher oft tun! Aber die Frage ist, sind sie immer so hilfreich? Sind Offenheit und hemmungsloses Handeln gefährlich oder wichtig? Oder hat man uns einen Chip eingesetzt namens “Limits galore”? Wir sollten unsere Grenzen dringend hinterfragen und aufklären. Weil wir sonst sehr viel Schaden anrichten. Ich kann nur von mir sagen, ich will das nicht. Ich sehne mich nach Freiheit und Akzeptanz aus tiefstem Herzen. Aber was soll ich machen? Ich fühle mich so oft wie ein wildes Fohlen in Fesseln, aber ich komme gegen das Kollektiv nicht an. Oder doch? Ich versuch’s. Mit kleinen Schritten.
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Lasst uns unsinnige Limits getrost vergessen und mit Leidenschaft drauflosleben. BÄÄÄÄMM BÄCK!
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PS: “Die Unvernünftigen sterben aus” ist ein Stück eines meiner Lieblingsautoren, Sprach- und Sozialisierungskritiker Peter Handke.
Grenzen und Konventionen im Alltäglichen zu beachten ist nichts Schlimmes, solange Du bereit bist sie zu überschreiten, wenn es darauf ankommt und niemand verurteilst, der sie gelegentlich überschreitet. Wir leben alle zusammen. Das erfordert manchmal Rücksicht, so dass Grenzen als dass Minimum angesehen werden sollten, dass im Konsens eingehalten werden sollte, um Rücksicht auf den Mitmenschen zu halten – wenn ich mein Geschwafel als Maßstab anlege, hängen die Grenzen dafür aber verdammt hoch.